Beschaffung von Planungs- und Beratungsleistungen

Der vorliegende Leitfaden zur Beschaffung von Planungs- und Bauberatungsleistungen ist in die Teile «A» mit Grundsätzen zur Beschaffung und «B» zum Ablauf der Beschaffung sowie «C», Anhang gegliedert und widmet sich den folgenden Themen:

  • Komplexität im Rahmen der Beschaffung

  • Die richtige Aufgabenformulierung entscheidet über den Erfolg der Ausschreibung

  • Zweck des Leitfadens

  • Inhalt des Leitfadens

  • Grundsätzliches zur Beschaffung sowie Verfahrensarten und Beschaffungsformen

  • Generelle Hinweise zur Beschaffung

  • Gesetzesgrundlagen für öffentliche Beschaffungen

Komplexität im Rahmen der Beschaffung Die Beschaffung von Planungs- und Bauberatungsleistungen gehört zu den anspruchsvollsten Aufgaben einer Bauherrschaft. Es gilt die richtige Wahl zu treffen, zwischen dem am besten geeigneten Anbietenden aufgrund seiner Kompetenzen sowie Ressourcen und des besten projektbezogenen Angebots (Wettbewerbsprojekt, Projektstudien, Lösungsvorschlag) für die ausgeschriebene Aufgabe. Das Ziel ist es, das vorteilhafteste Angebot zu evaluieren. Zudem gilt es verschiedene Themen zu berücksichtigen wie beschaffungsrechtlichen Vorgaben, nachhaltige Beschaffung, die richtige Wahl der Verfahrensart und der Beschaffungsform sowie eine zweckmässige Durchführung der Beschaffung unter Einhaltung der Transparenz des Verfahrens und der Gleichbehandlung der Anbietenden.

Die richtige Aufgabenformulierung entscheidet über den Erfolg der Ausschreibung Als besonders anspruchsvoll erweist sich die Formulierung der auszuschreibenden Aufgaben, mit Angaben zu Bestand, Bedarf und Zielsetzung unter Einbezug der zu involvierenden Interessengruppen und der Betrachtung über den ganzen Lebenszyklus. Schliesslich können die Resultate aus den Wettbewerbsprojekten, Projektstudien oder Lösungsvorschlägen nur dann der Zielvorstellung genügen, wenn die Aufgabenstellung (Pflichtenheft) richtig und zweckmässig formuliert ist. Eine zielgerichtete Planung und erfolgreiche Umsetzung des ausgeschriebenen Vorhabens hängen massgeblich davon ab.

Zweck des Leitfadens

Mit dem Leitfaden will der Verband Liegenschaften Schweiz (VLS) die Auftraggeberin bzw. die Beschaffungsstelle über den gesamten Beschaffungsprozess von Planungs- und Bauberatungsleistungen begleiten und eine zweckmässige und erfolgreiche Beschaffung unterstützen. Der nachhaltigen Beschaffung (vgl. Ziffer 1.3. Nachhaltigkeit in der Beschaffung) und insbesondere den Zuschlagskriterien zur Nachhaltigkeit (vgl. Ziffer 3.5 und 3.6) kommt eine besondere Bedeutung zu.

Inhalt des Leitfadens

Grundsätzliches zur Beschaffung sowie Verfahrensarten und Beschaffungsformen Der vorliegende Leitfaden zur Beschaffung von Planungs- und Bauberatungsleistungen ist in die Teile «A» mit Grundsätzen zur Beschaffung und «B» zum Ablauf der Beschaffung sowie «C», Anhang gegliedert und widmet sich den folgenden Themen und Bereichen:

Generelle Hinweise zur Beschaffung Ziffer 1 beinhaltet generelle Hinweise zur Beschaffung wie beschaffungsrechtliche Vorgaben, Nachhaltigkeit in der Beschaffung, Berücksichtigung der zu involvierenden Interessengruppen sowie dem phasengerechten Management der Projektziele und -anforderungen.

Verfahrensarten und Beschaffungsformen Ziffer 2 behandelt die Verfahrensarten mit den für die Ausschreibung zu bestimmenden Spezifikationen und den verschiedenen Beschaffungsformen mit ihren Besonderheiten und den zugehörigen Evaluationskriterien.

Vergabekriterien und nachhaltige Beschaffung Ziffer 3 widmet sich dem Vergabekriterien mit den Eignungs- und den Zuschlagskriterien. Eine Besonderheit ist der Katalog von Zuschlagskriterien, die sämtlich auf die Nachhaltigkeit ausgerichtet sind.

Durchführung der Beschaffung von Planungs- und Bauberatungsleistungen Ziffer 4 zeigt schrittweise den gesamten Ablauf zum Beschaffungsprozess auf mit Beschreibung der einzelnen Prozessschritte sowie die zu den einzelnen Prozessschritten erforderlichen Leistungen und Entscheide und den anzuwendenden VLS Vorlagen.

Ziffer 5 und 6 beinhalten ergänzende Angaben zur Beschaffung sowie Hinweise und Grundlagen zum Leitfaden und zu weiteren einschlägigen VLS Dokumenten zur Beschaffung.

Kompatible VLS Vorlagen und andere Grundlagen

VLS Vorlagen zur Unterstützung über den gesamten Beschaffungsprozess Ergänzt wird der Leitfaden durch VLS Vorlagen über den ganzen Beschaffungsprozess. Es sind dies Pflichtenhefte zur Ausschreibung, Eingabedokumente, Vorlagen zur Prüfung/Bewertung der Angebote und Vertragsabschlussvorlagen für die Beauftragung (vgl. Ziffer 6).

KBOB Leitfaden zur Beschaffung von Planelistungen Eine weitere wertvolle Grundlage ist der KBOB1 Leitfaden zur Beschaffung von Planerleis-tungen. Jedoch wird im Unterschied zum VLS Leitfaden die Beschaffung von Bauberatungsleistungen nicht behandelt.

1. Generelle Hinweise zur Beschaffung

1.1. Gesetzesgrundlagen für öffentliche Beschaffungen

Gesetzesgrundlagen für die Beschaffung International und National Die wichtigsten Gesetzesgrundlagen für öffentliche Beschaffungen in der Schweiz sind auf mehreren Ebenen geregelt: international durch Staatsverträge (z.B. WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen rev. GPA 20122 und trat in re-vidierter Form für die Schweiz am 1.1.2021 in Kraft), auf nationaler Ebene durch Bundes-erlasse wie das Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB) und die dazugehörige Verordnung (VöB). Zusätzlich gibt es kantonale Regelungen, wie die Inter-kantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (IVöB). Nachstehend sind einige wichtige generelle Hinweise zur Beschaffung genannt.

1.2. Vom Preiswettbewerb zum Qualitätswettbewerb

Paradigmenwechsel vom Preiswettbewerb zum Quali-tätswettbewerb Für die öffentliche Beschaffung hat sich mit dem am 1. Januar 2021 in Kraft getretenen, revidierten Bundesgesetzt über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB) und dessen Verordnung (VöB) ein Paradigmenwechsel vom Preiswettbewerb zum Qualitätswettbe-werb vollzogen. Der Zuschlag soll nicht mehr an das wirtschaftlich günstigste, sondern an das vorteilhafteste Angebot3 erteilt werden. Es folgt den Grundsätzen der Beschaffungs-strategie des Bundes und der Strategie nachhaltiger Entwicklung (SNE) 2030 des Bundes. Gemäss Beschaffungskonferenz des Bundes (BKB) bedeutet nachhaltige Beschaffung, die öffentlichen Mittel sowohl wirtschaftlich als auch volkswirtschaftlich, sozial und ökolo-gisch verantwortungsvoll einzusetzen. Güter, Dienstleistungen die beschafft und Bauwer-ke, die realisiert werden, sollen sich über ihren gesamten Lebenszyklus als wirtschaftlich, gesundheitsverträglich sowie sozial verantwortungsvoll und umweltschonend erweisen und die Kreislaufwirtschaft mit nachhaltigen Lieferketten sicherstellen4.

1.3. Nachhaltigkeit in der Beschaffung

Wachsende Bedeutung der Nachhaltigkeit in der Beschaffung Das Thema Nachhaltigkeit und der qualitative Anspruch gewinnen – wie vorangehend erwähnt – auch in der Beschaffung immer mehr an Bedeutung, da insbesondere auch im Rahmen des Beschaffungsprozesses die Weichen für die Nachhaltigkeit des Beschaf-fungsgegenstandes gestellt werden. Es ist demnach essenziell, dass frühzeitig die ent-sprechenden Überlegungen zum Thema der Nachhaltigkeit gemacht werden. Die Nach-haltigkeitsziele sollen konkretisiert werden und schliesslich in geeigneter Form in der Auf-gabenstellung zur Ausschreibung und den Anforderungen an den Beschaffungsgegen-stand sowie in der Beurteilung der Angebote Berücksichtigung finden. So kann sicherge-stellt werden, dass die Nachhaltigkeitsziele im weiteren Projektverlauf erfolgreich umge-setzt werden. Eine entscheidende Rolle spielen dabei die im Rahmen der Nachhaltigkeit zu definierenden Zuschlagskriterien. Die Ausführung unter den Ziffern 3.5 und 3.6 behan-deln dieses Thema eingehen.

VLS Leitfaden BE-L131 «Nachhaltige Beschaffung und Zuschlagskriterien zur Nachhaltigkeit» In diesem Zusammenhang wird auch auf den VLS Leitfaden BE-L131 «Nachhaltige Be-schaffung und Zuschlagskriterien zur Nachhaltigkeit» verwiesen, der sich ausführlich dem Thema der Nachhaltigkeit in der Beschaffung widmet. Neben den Grundsätzen und Erläu-terungen zur nachhaltigen Beschaffung wird auch ein umfassender Katalog von Zu-schlagskriterien zur Nachhaltigkeit aufgeführt mit einer Gegenüberstellung zwischen die-sem Katalog und den Nachhaltigkeitskriterien nach SNBS5 sowie der SIA 112/1 «Nachhal-tiges Bauen». Wichtige Themen und Vorgaben aus dem VLS Leitfaden BE-L131 für die nachhaltige Beschaffung und insbesondere die Zuschlagskriterien zur Nachhaltigkeit sind in den vorliegenden Leitfaden eingeflossen.

1.4. Komplexität der Beschaffung

Die Beschaffung erfordert Kenntnisse über bestimmte Themen und Kompetenzen aus verschiedenen Fachgebieten Die bedarfs- und fachgerechte Beschaffung von Leistungen und Gütern ist ein an-spruchsvoller Prozess. Neben der phasengerechten Analyse über den Bedarf, den Be-stand und die Machbarkeit sowie der Definition der konzeptionellen, qualitativen, finanzi-ellen und terminlichen Vorgaben zu Bau und Nutzung und der besonderen Bestimmun-gen und Rahmenbedingungen, sind auch vertiefte Kenntnisse über unterschiedliche Fachgebiete erforderlich. Bei all diesen Prozessen sind die drei Nachhaltigkeitsthemen Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt gleichermassen einzuhalten. Um alle Gegebenheiten gebührend zu berücksichtigen und den gestellten Forderungen gerecht zu werden, ist ei-ne seriöse Vorbereitung und Grundlagenerstellung für den Beschaffungsprozess unab-dingbar.

Themen und Fachgebiete rund um eine Beschaffung

Themen und Fachgebiete rund um eine Beschaffung

1.5. Interessengruppen und Betrachtung über ganzen Lebenszyklus

Koordination der unterschiedlichen Anforderungen und Ansprüche an die Nachhaltigkeit und Berücksichtigung des gesamten Lebenszyklus Je nach Rolle der an der Beschaffung auftraggeberseitig beteiligten Interessenvertreter kann der Fokus auf die verschiedenen Anforderungen und die Nachhaltigkeitskriterien bzw. die Bedeutung, die den Kriterien zugemessen wird, unterschiedlich sein. Im Sinne einer nachhaltigen Beschaffung ist also elementar, dass alle Interessenvertreter (Eigen-tümer, Nutzer und Betreiber) ihre Bedürfnisse und Anforderungen bei der Bestimmung der Zuschlags- bzw. Nachhaltigkeitskriterien einbringen können und die Kriterien in einer Gesamtbetrachtung entsprechend ihrer Bedeutung abgewogen und gewichtet werden. Sind die wichtigsten Anliegen der drei Hauptbeteiligten erfüllt, kann die Nachhaltigkeit über den gesamten Lebenszyklus des Beschaffungsgegenstandes bestmöglich gewähr-leistet werden.

auftraggeberseitige Interessenvertreter

auftraggeberseitige Interessenvertreter

1.6. Phasengerechtes Management der Projektziele, -anforderungen und Nachhaltigkeitsthemen

Behandlung der Projektziele und -anforderungen innerhalb der entsprechenden Phasen und involvieren der Interessenvertreter Die erfolgreiche Umsetzung eines Vorhabens und im Speziellen eines Bauvorhabens sowie der Betrieb eines Bauwerks hängt massgeblich ab, von einer phasengerechten Identifizierung der Projektziele und -anforderungen, der Definition der Nachhaltigkeitszie-le und der Formulierung der Vorgaben zu den Nachhaltigkeitskriterien. Dabei gilt es, den geforderten Detaillierungsgrad der jeweiligen Phase zu berücksichtigen. Besonders wich-tig ist die themen- und phasengerechte Einbindung der zu involvierenden Interessenver-treter (vgl. Ziffer der 1.5).

Die Steuerung von Bauvorhaben ist in den frühen Phasen effizienter Erfahrungsgemäss sind die Steuerungsmöglichkeiten eines Bauvorhabens in den frühen Phasen am grössten und erfordern geringere finanzielle Aufwendungen als Interventio-nen in den späteren Phasen. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, die Projektziele und -anforderungen (Nachhaltigkeitsziele und die zur Erreichung erforderlichen Nachhal-tigkeitskriterien) zur richtigen Zeit zu definieren. Dies gilt insbesondere für die Vorgaben und die Zuschlagskriterien eines Projektwettbewerbs oder Studienauftrags sowie für Lö-sungsvorschläge im Rahmen von Evaluationsverfahren.

Behandlung der Nachhaltigkeitsthemen innerhalb der entsprechenden Phasen

Behandlung der Nachhaltigkeitsthemen innerhalb der entsprechenden Phasen

Nachhaltigkeitsthemen Legende

Nachhaltigkeitsthemen Legende

1.7. Phasenbezogene Aufgaben im Rahmen der Beschaffung

Phasenbezogene Aufgaben vor, während und nach der Beschaffung Nachstehend sind die wichtigsten Aufgaben, seitens Auftraggeberin bzw. Beschaffungsstelle genannt, die in den Phasen: - vor der Beschaffung (strategische Planung und Vorstudie) als Voraussetzung für das Gelingen der Ausschreibung bzw. des Auswahlverfahrens gelten, - während der Beschaffung zur Erlangung einer Auswahl an geeigneten Angebo-ten und der Vergabe an das vorteilhafteste Angebot erforderlich sind und - unmittelbar nach der Beschaffung zur Erreichung der Projekt- bzw. Nachhaltig-keitsziele hinsichtlich des Beschaffungsgegenstands zu erfolgen haben.

Nachstehend sind die wichtigsten Aufgaben pro Phase aufgeführt6.

Phase / Teilphase

Aufgaben

Strategische Planung

  • Betrachtung des Bestands bzw. der Gegeben-heiten (zu Bau, Nutzung etc.) hinsichtlich der Projektziele und der Nachhaltigkeit in Ab-stimmung mit den übrigen Kriterien

  • Betrachtung des Bedarfs (zu Bau, Nutzung etc.) hinsichtlich der Projektziele und der Nachhaltigkeit in Abstimmung mit den übrigen Kriterien

  • Entwicklung von Lösungsstrategien zum Be-schaffungsgegenstand/Vorhaben unter Be-rücksichtigung der Projektziele und der Nach-haltigkeit

  • Formulierung der Projektziele und der Zielvor-stellungen zur Nachhaltigkeit (Gesellschaft, Wirtschaft, Umwelt) in Abstimmung mit den übrigen Zielvorstellungen

Vorstudien

  • Analyse des Bestands bzw. der Gegebenheiten (zu Bau, Nutzung etc.) hinsichtlich der Projektziele und der Nachhaltigkeit in Abstimmung mit den übrigen Kriterien

  • Analyse des Bedarfs (zu Bau, Nutzung etc.) hinsichtlich der Projektziele und der Nachhaltigkeit in Abstimmung mit den übrigen Kriterien

  • Definition zum Beschaffungsgegenstand / Vorhaben (Machbarkeitsstudie, Testplanung etc.) unter Berücksichtigung der Projektziele und der Nachhaltigkeit

  • Definition der Projektziele und der Zielvereinbarung zur Nachhaltigkeit (Gesellschaft, Wirtschaft, Umwelt) mit Richtungsweisungen zu den Massnahmen in Abstimmung mit den übrigen Zielvereinbarungen

Beschaffung/Auswahlverfahren

  • Bestimmung der Auftragsart (Planungs- bzw. Bauberatungsleistungen)

  • Bestimmung Sicherheitsklassifizierung

  • Bestimmung Auftragswert (Schätzung)

  • Bestimmung des Vergabeverfahrens

  • Organisation des Beurteilungsgremiums bzw. der Jury und sicherstellen, dass Mitglie-der/Experten mit Kompetenzen den Projekt-zielen und zu den Nachhaltigkeitsthemen ver-treten sind

  • Bestimmung der Vergabekriterien (Eignungs- und Zuschlagskriterien) mit Gewichtung unter Berücksichtigung der Projektziele und der Nachhaltigkeitsthemen aus Gesellschaft, Wirt-schaft, Umwelt

  • Vorbereitung der Ausschreibungsunterlagen unter Berücksichtigung der für den Beschaf-fungsgegenstand relevanten Projektziele und Nachhaltigkeitsthemen

  • Einholung der Angebote ggf. mit Publikation der Ausschreibung, Versand der Ausschrei-bungsunterlagen, Fragenbeantwortung der Anbietenden, ggf. Begehungen mit Anbieten-den und Eingangskontrolle/Protokollierung der Angebote, ggf. mit öffentlicher Offertöffnung

  • Vorprüfung, Prüfung und Beurtei-lung/Bewertung der Angebote mit Beurtei-lungs-/Jurybericht und Vergabeantrag unter Mitberücksichtigung der Projektziele und der Nachhaltigkeitsthemen

  • ggf. Angebotsbereinigung und Vertragsver-handlungen

  • Vergabe mit Beauftragung/Vertragsabschluss

Start zur Projektierung/Planung und Realisierung des Beschaffungsgegenstands

  • Erstellung des Pflichtenhefts bzw. Projekt-pflichtenhefts für die Erbringung der Pla-nungs- bzw. Bauberatungsleistungen unter Berücksichtigung der Resultate aus den Vor-phasen und dem Auswahlverfahren

  • laufende und phasengerechte Definierung und Präzisierung der Zielvereinbarungen un-ter Berücksichtigung der Projektziele und der Nachhaltigkeitsthemen

  • Bestimmung und Aufbau der auftraggebersei-tigen Vertretung/Projektbegleitung hinsichtlich Zusammensetzung, Kompetenzen und Res-sourcen zur Begleitung der Ausführung des Beschaffungsgegenstands mit der erforderli-chen Kompetenz zu den Projektzielen und Nachhaltigkeitsthemen

  • Aufbau eines Projektcontrollings sowie eines Projektqualitätsmanagements unter Berück-sichtigung der Projektziele und der Nachhal-tigkeitsthemen

1.8. Wichtige Themen einer nachhaltigen und lösungsorientierten Beschaffung

Wichtige Themen im Rahmen einer nachhaltigen und lösungsorientierten Beschaffung Im Rahmen der Vorbereitung einer nachhaltigen und lösungsorientierten Beschaffung gilt es insbesondere folgende Themen zu klären:

Bedarfsabklärung

Bestands-, Bedarfsermittlung mit Prüfung der Machbarkeit Die Grundvoraussetzung für jede Beschaffung ist eine seriöse und phasengerechte Be-standes- und Bedarfsermittlung mit anschliessender Prüfung der Machbarkeit (Studien, Lösungsvorschläge etc.). Besonders bei Bauten stellt sich die Frage nach Sanierung, Er-satz- bzw. Teilersatzneubau oder allenfalls Umnutzung, und schliesslich sind auch die Aspekte der ökologischen Entsorgung beziehungsweise des Recyclings zu berücksichti-gen.

Lebenszyklusbetrachtung

Betrachtung der gesamten Lebenszykluskosten Wichtig ist, dass beim Preis-/ Leistungsverhältnis nicht nur die Anschaffungs- bzw. An-fangskosten, sondern die Kosten über den gesamten Lebenszyklus des Beschaffungsge-genstands berücksichtigt werden. Bei Gebäuden oder baulichen Anlagen können Unter-halt und Betrieb bekanntlich ein Mehrfaches der Investitionskosten ausmachen. Auch hin-sichtlich der ökologischen und sozialen Aspekte ist die Betrachtung des gesamten Le-benszyklus – von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung – entscheidend.

Dauerhaftigkeit und Kreislauffähigkeit

Beschaffung und Eigenschaften sollen Dauerhaftigkeit und Kreislauffähigkeit berücksichtigen Dauerhaftigkeit und Werterhaltung des Beschaffungsgegenstandes sind wichtige Nach-haltigkeitsaspekte. Daher sind die Beschaffenheit und die Eigenschaft hinsichtlich Wie-derverwendung, Reparatur, Wiederaufbereitung und Entsorgung/Recycling von Bedeu-tung und unterstützen so den Gedanken der Kreislaufwirtschaft. Bauten sollten so konzi-piert sein, dass gewisse Bau- oder Anlageteile gut zugänglich und austauschbar sind. Da-bei sollen andere Bau- und Anlageteile möglichst nicht tangiert werden. Güter sollen zu-dem so beschaffen sein, dass sie entweder repariert oder – wenn möglich vollständig – rezykliert werden können.

Faire Arbeitsbedingungen

Berücksichtigung der Arbeitsschutzbestimmungen und faire Arbeitsbedingungen Es sollen ausschliesslich Anbietende berücksichtigt werden, welche die geltenden Vorga-ben zu Menschenrechts- und Arbeitsschutzbestimmungen sowie Arbeitsbedingungen und die Gleichbehandlung einhalten (vgl. Kernübereinkommen der Internationalen Arbeitsor-ganisation [ILO-Übereinkommen]). Diese Anforderungen sind im Rahmen der formalen Prüfung bzw. Zulassungsbestimmungen zum Beschaffungsverfahren und nicht im Zu-sammenhang mit Zuschlagskriterien zu prüfen.

1.9. Beschaffung von Planungs- und Bauberatungsleistungen in verschiedenen Phasen

Beschaffung von Planungs- und Bauberatungsleistungen je nach Zeitpunkt der Leistungserbringung für verschiedene Phasen Das Auswahlverfahren bzw. die Beschaffung von Planungs- und Bauberatungsleitungen können je nach Aufgabe und Erfordernisse sowie je nachdem für welche Phasen diese Leistungen nötig sind, innerhalb verschiedener Phasen erfolgen7. Es sind dies: - zum Ende der Phase «0 – Initialisierung» für Planungs- und Bauberatungsleis-tungen zur Unterstützung der Bauherrschaft im Rahmen der nachfolgenden Pha-se «1 – Strategische Planung», - zum Ende der Phase «1 – Strategische Planung» für Planungs- und Baubera-tungsleistungen zur Unterstützung der Bauherrschaft im Rahmen der nachfol-genden Phase «2 – Vorstudien» und insbesondere zur Erstellung von Analysen, Machbarkeitsstudien, Testplanungen etc. und - zum Ende der Phase «2 – Vorstudien» für (Planungs- und) Bauberatungsleistun-gen zur Vorbereitung und Durchführung des Auswahlverfahrens zur Beschaffung von Planungs- und Bauberatungsleistungen für die nachfolgende Projektierung, Ausschreibung und Realisierung von Bauvorhaben.

1.10. Allgemeine Verfahrensgrundsätze

Bei der Durchführung von Beschaffungen sind insbesondere folgende Themen zu beach-ten: - Zielsetzung für die Verfahrensart und Beschaffungsform ist ein wirksamer Wett-bewerb unter Berücksichtigung der einschlägigen Beschaffungsregelungen und -richtlinien sowie weiteren Vorgaben wie Ansprüche hinsichtlich Sicherheit, Ge-heimhaltung etc. - Die Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung der Anbietenden sowie Trans-parenz und geeignete Dokumentierung über das Verfahren ist sicherzustellen. - Die Einhaltung der Anforderungen durch die Anbietenden bzgl. Arbeitsschutzbe-stimmungen, Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Gleichbehandlung von Frau und Mann etc. ist mittels Selbstdeklaration seitens der Anbietenden (vgl. Ziffer 5.4) ist sicherzustellen - Die Wahrung der Vertraulichkeit sowie die Einhaltung der Bestimmungen bzgl. Vorbefassung (Beteiligung von Anbietenden an der Vorbereitung des Vergabe-verfahrens) sowie Ausstandsregelung (Unabhängigkeit der auftraggeberseitig involvierten Personen gegenüber von Anbietenden) im Rahmen des Verfahrens ist zu gewährleisten. Nähere Ausführungen dazu finden sich unter Art. 13 der All-gemeinen Vertragsbedingungen für Planungs- und Bauberatungsleistungen (vgl. Ziffer 5.5). - Angebote und wichtige Angebotsbeilagen sowie die dazugehörenden Prüfdo-kumente sind sinnvollerweise während zwei Jahren aufzubewahren. Angebote und wichtige Angebotsbeilagen des zweit und dritt rangierten Anbietenden sind bis zum Abschluss der Leistungserbringung der betreffenden Aufträge aufzube-wahren. Haben Angebote zu einem Geschäftsabschluss geführt, so sind sie wäh-rend der gesamten Garantie- und Betriebszeit aufzubewahren, sofern darin spe-zielle Leistungen und Qualitätsmerkmale festgehalten sind die nicht im entspre-chenden Vertragswerk genannt werden. Für die Ablage von Verträgen und Be-gleitdokumenten ist bei Bauvorhaben - soweit vorhanden - das Projekthandbuch zu beachten.

2. Verfahrensarten und Beschaffungsformen

2.1. Wahl der Verfahrensart

2.1.1. Bestimmung der Verfahrensart

Bestimmung der Verfahrensart aufgrund der Schwellenwerte. Die anzuwendende Verfahrensart zur Beschaffung von Dienstleistungen (wie übrigens auch für Bauleistungen und Lieferungen) in der öffentlichen Beschaffung ist aufgrund der beschaffungsrechtlichen Vorgaben zu den Schwellenwerte der mutmasslichen Auftrags-werte geregelt. Im Staatsvertragsbereich gelten die EU-Schwellenwerte, die für bestimmte öffentliche Aufträge eine EU-weite Ausschreibung vorschreiben, während im nicht Staats-vertragsbereich (unterhalb der EU-Schwellenwerte) die interkantonalen oder kantonalen Schwellenwerte zur Anwendung kommen, die je nach Kanton und Art des Auftrags variie-ren.

2.1.2. Verfahrensarten und Schwellenwerte

Voraussetzung und Vorgehen sowie Schwellenwerte für die verschiedenen Verfahrensar-ten Nachfolgend sind die verschiedenen Verfahrensarten mit den entsprechenden Voraus-setzungen und dem Vorgehen um Verfahren aufgeführt. Für die Schwellenwerte im Staatsvertragsbereich gelten BöB, Anhang 4, Kap. 1 sowie IVöB, Anhang 1 und im nicht Staatsvertragsbereich BöB, Anhang 4, Kap. 2 sowie IVöB, Anhang 2. Die in der nachste-henden Tabelle aufgeführten Schwellenwerte entsprechen den Werten gemäss BöB, An-hang 4, Kap. 2. für das Jahr 2025 und sind bei Bedarf zu überprüfen. Die Schwellenwerte gelten pro öffentlichen Auftrag und sind als Nettowerte (ohne MwSt.) ausgewiesen.

Verfahrensart

Voraussetzungen und Vorgehen

Schwellenwert

offenes Verfahren
1-stufig
(Art. 18 BöB/IVöB)

  • öffentliche Ausschreibung

  • beliebige Anbietende können Angebote einreichen

  • Eignungsprüfung und Evaluierung des vorteilhaftesten Angebots

ab CHF 250’000

selektives Verfahren
2-stufig
(Art. 19 BöB/IVöB)

  • öffentliche Ausschreibung

  • zweistufiges Verfahren

  • Bewerber können Teilnahmeantrag (Anbieterqualifikation) einreichen (1. Stufe)

  • Auftraggeber bestimmt, wer in der 2. Stufe ein An-gebot einreichen darf (Eignungsprüfung)

  • die Zahl der Anbietenden darf beschränkt werden (in der Regel mindestens drei Anbietende)

  • selektionierte Anbietende reichen Angebot (projektspezifische Qualifikation, Honorarangebot) ein (2.Stufe)

  • Evaluierung des vorteilhaftesten Angebots

ab CHF 250’000

Einladungsverfahren
1-stufig
(Art. 20 BöB/IVöB)

  • keine öffentliche Ausschreibung; nur eingeladene Anbietende können Angebot einreichen

  • Auftraggeber lädt direkt mindestens drei geeignete Anbietende ein

  • Eignungsprüfung und Evaluierung des vorteilhaftesten Angebots

unter CHF 250’000
(ausserhalb Staatsvertragsbereich)

Einladungsverfahren
2-stufig
(Art. 20 BöB/IVöB)

  • keine öffentliche Ausschreibung; nur Eingeladene können Angebot einreichen

  • Auftraggeber lädt direkt mehrere geeignete Anbietende ein

  • Anbietende reichen Grundlagen zur Anbieterqualifikation ein (1. Stufe)

  • Auftraggeber bestimmt, wer in der 2. Stufe ein Angebot einreichen darf (Eignungsprüfung)

  • die Zahl der Anbietenden wird beschränkt (in der Regel mindestens drei Anbietende)

  • selektionierte Anbietende reichen Angebot (projektspezifische Qualifikation, Honorarangebot) ein (2.Stufe)

  • Evaluierung des vorteilhaftesten Angebots

unter CHF 250’000
(ausserhalb Staatsvertragsbereich)

freihändiges Verfahren
(Art. 21 BöB/IVöB)

  • direkte Vergabe an einen geeigneten Auftragnehmer ohne Ausschreibung

  • der Auftraggeber ist berechtigt, Vergleichsofferten einzuholen und Verhandlungen

unter CHF 150’000
(ausserhalb Staatsvertragsbereich)

2.1.3. Gegenüberstellung offenes und selektives Verfahren

Vor- und Nachteile des offenen bzw. selektiven Verfahrens Die Schwellenwerte für das offene und selektive Verfahren sind gleich (vgl. Ziffer 2.1.2). Sie weisen jedoch folgende Vor- bzw. Nachteile auf:

Verfahren

Vor-, Nachteile und Eignung der Verfahren

Vorteile

Nachteile

geeignet wenn:

offenes Verfahren

  • wirksamer Wettbewerb kommt uneingeschränkt zum Tragen

  • Durchführung weniger aufwendig als selektives Verfahren

  • Aufwand für die Vergabe bei einer grossen Anzahl eingereichter Angebote

  • bei grosser Zahl Anbietenden volkswirtschaftlich ungünstig

  • die Auftraggeberin für einen umfassenden Vergleich möglichst viele Angebote einholen will.

selektives Verfahren

  • bietet Gewähr, dass nur geeignete Anbietende ein projektspezifisches Angebot einreichen

  • durch die Eignungsprüfung (Selektion) wird die Zahl der zu beurteilenden und bewertenden Angebote eingeschränkt

  • beschränkter Wettbewerb

  • höherer Zeitbedarf für das Verfahren

  • zweifacher Verfahrensaufwand

  • grösseres Rekursrisiko

  • Aufträge aussergewöhnliche technische, organisatorische oder wirtschaftliche Leistung erfordern;

  • eine sehr grosse Anzahl interessierter Anbietende zu erwarten ist.

2.1.4. Bestimmung der Auftragswerts

Vorgehen zur Bestimmung der Auftragswerte Die Einordnung in die Schwellenwerte erfordert die Bestimmung des mutmasslichen Auftragswerts für die zu beschaffenden Leistungen. Dazu gilt es folgendes zu beachten (gemäss Art. 15 BöB / IVöB ):

  • Der Auftraggeber schätzt den voraussichtlichen Auftragswert (orientiert an sachli-chen und objektiven Kriterien / nicht zu knapp kalkuliert / als Grundlagen können Richtofferten oder Kostenvoranschläge dienen).

  • Ein öffentlicher Auftrag darf nicht aufgeteilt werden, um Bestimmungen dieser Vereinbarung zu umgehen.

  • Für die Schätzung des Auftragswerts ist die Gesamtheit der auszuschreibenden Leistungen oder Entgelte, soweit sie sachlich oder rechtlich eng zusammenhän-gen, zu berücksichtigen.

  • Alle Bestandteile der Entgelte sind einzurechnen, einschliesslich Verlänge-rungsoptionen und Optionen auf Folgeaufträge sowie sämtliche zu erwartenden Prämien, Gebühren, Kommissionen und Zinsen, ohne die Mehrwertsteuer.

  • Bei Verträgen mit bestimmter Laufzeit errechnet sich der Auftragswert anhand der kumulierten Entgelte über die bestimmte Laufzeit, einschliesslich allfälliger Verlängerungsoptionen. Die bestimmte Laufzeit darf in der Regel 5 Jahre nicht übersteigen. In begründeten Fällen kann eine längere Laufzeit vorgesehen wer-den.

  • Bei Verträgen mit unbestimmter Laufzeit errechnet sich der Auftragswert anhand des monatlichen Entgelts multipliziert mit 48.

  • Bei Verträgen über wiederkehrend benötigte Leistungen errechnet sich der Auf-tragswert aufgrund des geleisteten Entgelts für solche Leistungen während der letzten 12 Monate oder, bei einer Erstbeauftragung, anhand des geschätzten Be-darfs über die nächsten 12 Monate.

2.1.5. Voraussetzungen für die Wahl der Verfahrensart

Verfahrenswahl aufgrund des Sicherheitsanspruchs, allfälli-ger Voraussetzungen für die freihändige Vergabe sowie der Schwellenwerte Für den Verfahrensentschied sind allfällige Ansprüche bezüglich Sicherheit (entspre-chend den Sicherheitsklassifizierungen) prioritär sowie im weiteren allfällige Vorausset-zungen für die freihändige Vergabe (vgl. Ziffer Fehler! Verweisquelle konnte nicht ge-funden werden.) der zu beschaffenden Planungs- und Bauberatungsleistungen zu be-rücksichtigen und gehen allen anderen Kriterien wie Schwellenwerte voran. Für Beschaf-fungen hohen Sicherheitsansprüchen kommen in der Regel nur das freihändige Verfah-ren oder das Einladungsverfahren in Frage.

Ablauf der Verfahrenswahl zur Beschaffung von Planungs- und Bauberatungsleistungen Nachstehend ist das Schema für die Verfahrenswahl zur Beschaffung von Planungs- und Bauberatungsleistungen (Dienstleistungen) unter Berücksichtigung allfälliger Vorausset-zungen für die freihändige Vergabe sowie der Sicherheitsansprüche und der Schwellen-werte aufgezeigt.

Ablaufschema für die Verfahrenswahl von Planungs- und Bauberatungsleistungen

Ablaufschema für die Verfahrenswahl von Planungs- und Bauberatungsleistungen

2.1.6. Voraussetzung für die freihändige Vergabe

Verfahrenswahl prioritär auf-grund des Sicherheitsan-spruchs Als besondere Voraussetzungen für die freihändige (direkte) Vergabe ohne Ausschrei-bung gelten – ungeachtet der Anforderungen zu Sicherheit und Geheimhaltung sowie der Schwellenwerte – folgende Fälle (gemäss Art. 21 IVöB):

  1. es gehen im offenen Verfahren, im selektiven Verfahren oder im Einladungsverfah-ren keine Angebote oder keine Teilnahmeanträge ein, kein Angebot entspricht den wesentlichen Anforderungen der Ausschreibung oder den technischen Spezifikatio-nen oder es erfüllt kein Anbieter die Eignungskriterien;

  2. es bestehen hinreichende Anhaltspunkte, dass alle im offenen Verfahren, im selek-tiven Verfahren oder im Einladungsverfahren eingegangenen Angebote auf einer unzulässigen Wettbewerbsabrede beruhen;

  3. aufgrund der technischen oder künstlerischen Besonderheiten des Auftrags oder aus Gründen des Schutzes geistigen Eigentums kommt nur ein Anbieter in Frage, und es gibt keine angemessene Alternative;

  4. aufgrund unvorhersehbarer Ereignisse wird die Beschaffung so dringlich, dass selbst mit verkürzten Fristen kein offenes oder selektives Verfahren und kein Einla-dungsverfahren durchgeführt werden kann;

  5. ein Wechsel des Anbieters für Leistungen zur Ersetzung, Ergänzung oder Erweite-rung bereits erbrachter Leistungen ist aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen nicht möglich, würde erhebliche Schwierigkeiten bereiten oder substanzielle Mehr-kosten mit sich bringen;

  6. der Auftraggeber beschafft Erstanfertigungen (Prototypen) oder neuartige Leistun-gen, die auf sein Verlangen im Rahmen eines Forschungs-, Versuchs-, Studien- oder Neuentwicklungsauftrags hergestellt oder entwickelt werden;

  7. der Auftraggeber beschafft Leistungen an Warenbörsen;

  8. der Auftraggeber kann Leistungen im Rahmen einer günstigen, zeitlich befristeten Gelegenheit zu einem Preis beschaffen, der erheblich unter den üblichen Preisen liegt (insbesondere bei Liquidationsverkäufen);

  9. der Auftraggeber vergibt den Folgeauftrag an den Gewinner eines Planungs- oder Gesamtleistungswettbewerbs oder eines Auswahlverfahrens zu Planungs- oder Ge-samtleistungsstudien; dabei müssen die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:

    1. das vorausgehende Verfahren wurde in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Vereinba-rung durchgeführt;

    2. die Lösungsvorschläge wurden von einem unabhängigen Expertengremium beurteilt;

    3. der Auftraggeber hat sich in der Ausschreibung vorbehalten, den Folgeauftrag oder die Ko-ordination freihändig zu vergeben.

2.2. Wahl der Beschaffungsform

2.2.1. Bestimmung der Beschaffungsform

Bestimmung die Beschaf-fungsform aufgrund des Be-schaffungsvorhabens Anders als bei der Wahl der Verfahrensart obliegt es der Bauherrschaft bzw. der Beschaf-fungsstelle, die bezogen auf das konkrete Beschaffungsvorhaben bzw. auf die zu be-schaffenden Leistungen geeignete Beschaffungsform mit den anzuwendenden Evaluati-onskriterien zu wählen (siehe nachfolgende Ausführungen zu den Beschaffungsformen sowie Ziffer 2.3.2 und 2.3.4).

Besonderheiten der Beschaf-fungsformen zur Evaluation von Einzel- und Generalplaner Nachstehend wird auf die Besonderheiten der verschiedenen Beschaffungsformen ein-gegangen. Alle Beschaffungsformen können zur Evaluation eines Einzelplaners (ein be-stimmter Fachbereich) wie auch eines Generalplaners (mehrere Fachbereiche) eingesetzt werden.

2.2.2. Übersicht über die Beschaffungsformen mit ihren Besonderheiten und Hinweisen

Beschaffungsformen für Planungs- und Bauberatungsleistungen Nachstehend wird ein Überblick sowie Vergleich über die verschiedenen Beschaffungs-formenformen und ihre Besonderheiten sowie wichtige Hinweisen für die Beschaffung von Planungs- und Bauberatungsleistungen gegeben.

Themen

Beschaffungsformen für Planungs- und Bauberatungsleistungen und ihre Besonderheiten

Wettbewerb

Studienauftrag

Planerwahlverfahren

Leistungsofferte

Formen / Unterfor-men

Planungswettbewerb

  • Projektwettbewerb

  • Ideenwettbewerb

Gesamtleistungswettbewerb

Planungsstudie

  • Projektstudie

  • Ideenstudie

Gesamtleistungsstudie

Planerwahlverfahren

Leistungsofferte

Art der Resultate

lösungsorientiertes Verfahren

leistungsorientiertes Verfahren

Gesetzliche Grundlagen

BöB / IVöB / SVO

BöB / IVöB / SVO

BöB / IVöB / SVO

BöB / IVöB / SVO

SIA Ordnungen

SIA 142 Ordnung für Architektur- und Ingenieurwettbewerbe

SIA 143 Ordnung für Studienaufträge Architektur, Ingenieurwesen und Freiraum

SIA 144 Ordnung für Planerwahlverfahren

SIA 144/2013 Ordnung für Ingenieur- und Architekturleistungsofferten wurde ersetzt durch SIA 144/2022

Verfahrensarten

offen, selektiv oder auf Einladung

selektiv oder auf Einladung

offen, selektiv, auf Einladung oder freihändig

offen, (selektiv), auf Einladung oder freihändig

Verfahrensstufen und spezielle Verfahrenselemente

  • ein- oder zweistufig

  • ein- oder zweistufig

  • Zwischenpräsentation, Dialog

  • ein- oder zweistufig

  • Zwei-Couvert-Methode (Lösungsvorschlag getrennt von Anbietendenangaben und Honorarangebot)

  • in der Regel einstufig

Anonymität

anonym

nicht anonym

anonym nur Verfahrensteil Auftragsanalyse und Konzeptvorschlag

nicht anonym

Anwendungsbereiche

Neubauten und spezielle, komplexe Umbauten und Instandsetzungen

Neubauten und spezielle, komplexe Umbauten und Instandsetzungen sowie Planungsgrundlagen (z.B. Bebauungsplan)

Vorstudien, Baumanagement und durchschnittliche Umbauten und Instandsetzungen sowie Neubauten mit geringem Anspruch

Vorstudien, Baumanagement und Unterhalt sowie einfache, standardisierte Bauaufgaben

Aufgabenstellungen

klar definierte Aufgabenstellung mit Projektdefinition, Raumprogramm/ Funktionsschema, ggf. Vor-/ Machbarkeitsstudie

offene (meist komplexe) Aufgabenstellung, Anforderungen und Rahmenbedingungen nur teilweise bestimmt

Aufgabenstellung mit Leistungsbeschrieb (in der Regel klare, aber auch schwer definierbare Rahmenbedingungen) mit Bedarf nach konzeptionellen/gestalterischen Aussagen

klar definierte, abgegrenzte Aufgaben, mit funktionaler Ausschreibung (Zieldefinition) oder detailliertem Leistungsbeschreib

Leistungsarten und Phasen

Planungsleistungen mit klar umschriebenen Aufgaben deren Realisierung vorgesehen ist, in der Regel für die SIA-Phasen 3 bis 5

Planungsleistungen (meist komplex) mit nur teilweise definierbarer Aufgabenstellung, in der Regel für die SIA-Phasen 3 bis 5

Planungs- und Bauberatungsleistungen bei denen eine konzeptionelle Auseinandersetzung mit der Aufgabe wesentlich ist für die Anbieterevaluation, in der Regel für die SIA-Phasen 1 bis 6

Planungs- und Bauberatungsleistungen bei denen eine konzeptionelle Auseinandersetzung mit der Aufgabe nicht wesentlich ist für die Anbieterevaluation, in der Regel für die SIA-Phasen 1 bis 6

Fachgebiete

Architektur- und Ingenieurwesen (ggf. Generalplaner)

Architektur- und Ingenieurwesen (ggf. Generalplaner)

Architektur- und Ingenieurwesen (ggf. Generalplaner) sowie Bauberatung

Bauberatung sowie Architektur- und Ingenieurwesen (ggf. Generalplaner)

Projektspezifischer Gestaltungsspielraum

klare Aufgabenstellung mit mittlerem bis grossem Projektierungs- und Gestaltungsspielraum

Aufgabenstellung mit grossem Projektierungs- und Gestaltungsspielraum, deren Anforderung, Rahmenbedingungen und Zielsetzungen im Dialog geklärt werden müssen

Aufgabenstellung mit geringem bis mittlerem Projektierungs- und Gestaltungsspielraum jedoch mit Bedarf nach konzeptioneller, gestalterischer Aussage zur Aufgabe

Aufgabenstellung mit unbedeutendem Projektierungs- und Gestaltungsspielraum

Zielsetzung für das Angebot

beste Lösung für ein konkretes Vorhaben

beste Lösung (ggf. mit Aufgabenklärung und Lösungsfindung) für ein Vorhaben

vorteilhaftestes Angebot mit projektbezogener Qualifikation

vorteilhaftestes Angebot

Evaluationskriterien

Wettbewerbsprojekt
Honorarangebot

Projektstudie
Anbieterqualifikation
Honorarangebot

Lösungsvorschlag
Anbieterqualifikation
Honorarangebot

Anbieterqualifikation
Honorarangebot

Aufwand Anbietende

mittel bis gross

gross

klein bis mittel

klein

Grundlagen zum Verfahren

Pflichtenheft mit:

  • Wettbewerbsprogramm (ggf. mit Machbarkeitsstudie)

  • Leistungsbeschrieb (zum Honorarangebot)

Pflichtenheft mit:

  • Studienauftragsprogramm

  • Beschreibung zur Anbieterqualifikation

  • Leistungsbeschrieb (zum Honorarangebot)

Pflichtenheft mit:

  • Beschreibung zum Lösungsvorschlag

  • Beschreibung zur Anbieterqualifikation

  • Leistungsbeschrieb (zum Honorarangebot)

Pflichtenheft mit:

  • Beschreibung zur Anbieterqualifikation

  • Leistungsbeschrieb (zum Honorarangebot)

Themen/Inhalte der Pflichtenhefte und Eingabedokumente

Pflichtenheft

  • Einleitung

  • Gegenstand der Beschaffung

  • Verfahren und Verfahrensablauf

  • Angebot

  • Vergabekriterien und Beurteilung

Eingabedokumente

  • Anbieterqualifikation

  • Honorarangebot

  • Auftragsanalyse und Konzeptvor

wie «Wettbewerb» jedoch in der Regel weniger eindeutig definierte Aufgabenstellung bzw. Rahmenbedingungen zum Gegenstand der Beschaffung

wie «Wettbewerb» jedoch den Anforderungen der Beschaffungsform angemessene Anforderungen an den Lösungsvorschlag (projektspezifische Qualifikation)

wie «Planerwahlverfahren» jedoch ohne konzeptionelle Aussagen zur Aufgabenstellung (projektspezifische Qualifikation)

Beurteilung durch

Jury/Preisgericht

Bewertungsgremium

Bewertungsgremium

Bewertungsgremium

Bericht zur Beurteilung

Dokumentation der Vorprüfung, Beurteilung und Bewertung der Wettbewerbsprojekte und der Honorarangebote durch die Jury/ das Preisgericht und Vergabeempfehlung zuhanden der Auftraggeberin

Dokumentation der Vorprüfung, Beurteilung und Bewertung der Projektstudien, der Anbieterqualifikationen und der Honorarangebote durch das Beurteilungsgremium und Vergabeempfehlung zuhanden der Auftraggeberin

Dokumentation der Vorprüfung, Beurteilung und Bewertung der Lösungsvorschläge, der Anbieterqualifikationen und der Honorarangebote durch das Bewertungsgremium und Vergabeempfehlung zuhanden der Auftraggeberin

Dokumentation der Vorprüfung, Beurteilung und Bewertung der Anbieterqualifikationen und der Honorarangebote durch das Bewertungsgremium und Vergabeempfehlung zuhanden der Auftraggeberin

Preise / Entschädi-gungen

Preisgeld mit Rangfolge, ggf. Ankäufe

Pauschalentschädigung ohne Rangfolge

in der Regel keine Entschädigung (wenn begrenzter Aufwand für Lösungsvorschläge) mit Rangierung der Angebote

keine Entschädigung / mit Rangierung der Angebote

Vergabe / Auftrag

freihändige Vergabe an den Gewinner

freihändige Vergabe (in der Regel) an den Bestbeurteilten

Zuschlag an den Anbietenden mit dem vorteilhaftesten Angebot

Zuschlag an den Anbietenden mit dem vorteilhaftesten Angebot

Das Dialogverfahren und der Gesamtleistungswettbewerb werden in der Übersicht nicht behandelt In der vorangehenden Übersicht der Beschaffungsformen nicht behandelt sind:

  • das «Dialogverfahren». Dieses Verfahren ist aufgrund des Wissensaustausches zwischen der Auftraggeberin und den Anbietenden während dem Beschaffungs-verfahren hinsichtlich Wahrung der Chancengleichheit der Anbietenden sehr herausfordernd und aufwendig. Das Dialogverfahren im öffentlichen Beschaf-fungswesen ist dann angezeigt, wenn die Auftraggeberin komplexe oder innova-tive Beschaffungen plant und die genauen Anforderungen noch nicht klar defi-niert werden können. Es dient dazu, in einem intensiven Austausch mit Anbietern die optimale Lösung zu finden, bevor ein formales Vergabeverfahren eingeleitet wird und

  • der «Gesamtleistungswettbewerb» da dieser neben den Planungsleistungen auch die Bauleistungen beinhaltet, also kein reines Planerevaluationsverfahren ist.

2.2.3. Projekt- und Ideenwettbewerb

2.2.3.1. Projektwettbewerb

Konkrete Projektvorschläge zur Umsetzung eines Bauvor-habens mit Evaluation des Planers Der Projektwettbewerb ist ein anonymes Planerevaluationsverfahren und dient zur Lö-sungsfindung klar umschriebener Aufgaben, deren Realisierung vorgesehen ist. Er hat die Erarbeitung konkreter, umsetzungsreifer Projektvorschläge zum Ziel und dient im Wei-teren zur Evaluation von geeigneten Fachleuten, welche die Lösung realisieren können. Die Gegenleistung für die Wettbewerbsprojekte besteht aus Preisen, Ankäufen und allfäl-ligen Entschädigungen sowie für den Gewinner in der Aussicht auf den Auftrag für die Planerleistungen. Beispiele sind: Architekturwettbewerb für ein konkretes Bauvorhaben, Wettbewerb für die Gestaltung eines öffentlichen Platzes mit genauen Vorgaben.

2.2.3.2. Ideenwettbewerb

Lösungsansätze für eine be-stimmte Fragestellung Der Ideenwettbewerb soll kreativen und innovativen Vorschläge bringen für konzeptionel-le Entscheide oder für die Lösungsansätze von Aufgaben, die nur allgemein umschrieben und abgegrenzt sind und deren Ausführung nicht unmittelbar vorgesehen ist. Ziel ist die Ideensammlung und die Erforschung verschiedener Lösungsansätze für eine bestimmte Fragestellung. Die Gegenleistung für die Vorschläge besteht aus Preisen, Ankäufen und allfälligen Entschädigungen, wobei dem Gewinner keine weiteren Aufträge in Aussicht stehen. Beispiele sind: Ideenwettbewerb für eine städtebauliche Entwicklung, Wettbewerb für neue Nutzungskonzepte für ein bestimmtes Areal.

2.2.3.3. Unterschied zwischen Projektwettbewerb und Ideenwettbewerb

Planungswettbewerb mit De-taillierungsgrad unterschiedli-cher Zielsetzung Beide Beschaffungsformen sind Planungswettbewerbe, die jedoch mit unterschiedlichem Detaillierungsgrad und Zielsetzung und unterschiedliche Phasen der Planungsarbeit an-sprechen. Zusammenfassend lässt sich sagen: Der Projektwettbewerb ist eine detaillierte-re und umsetzungsorientierte Form des Wettbewerbs, während der Ideenwettbewerb eher auf die Entwicklung von Konzepten und die Erforschung von Lösungsansätzen abzielt.

2.2.3.4. Honorarangebot im Rahmen eines Projektwettbewerbs

Honorarangebot ist Bestand-teil der Angebotseinreichung Gemäss bisheriger Bundesgerichtspraxis besteht für die Zuschlagskriterien für den Preis eine Mindestgewichtung von 20% (unabhängig vom Beschaffungsgegenstand), welche nicht unterschritten werden darf, zumindest nicht nach der Rechtsprechung zum bisheri-gen Vergaberecht . Dies heisst also, dass auch im Rahmen von Projektwettbewerben (und Studienaufträgen mit Folgeauftrag) das Zuschlagskriterium Preis als Honorarange-bot mit zu berücksichtigen ist. Nach gängiger Praxis ist dies jedoch unüblich; wäre aber problemlos lösbar, indem bei dem anonymen Projektwettbewerbsverfahren, das Honora-rangebot separat mir der Zwei-Covert-Methode eingereicht wird (vgl. Ziffer 2.2.7). Dies hätte zudem den Vorteil, dass bei Auftragserteilung die Honorierung bereits geregelt ist und keine nachträglich Preisverhandlungen notwendig wären. Bei Studienaufträgen und Ideenwettbewerben kann auf das Honorarangebot verzichtet werden, wenn daraus keine Folgeaufträge resultieren.

2.2.4. Studienauftrag

Konkrete Projektstudien zur Umsetzung eines Bauvorha-bens mit Definition der Aufga-benstellung während des Ver-fahrens Ein Studienauftrag (Projektstudie und Ideenstudie) ist ein nicht anonymes Planerevaluati-onsverfahren, das bei komplexen Aufgabenstellungen eingesetzt wird, bei denen die Aufgabenstellung noch nicht klar definiert ist und ein Dialog zur Definition der Aufgaben-stellung und zur Lösungsfindung zwischen Auftraggeber und Anbietende während des Prozesses wichtig bzw. erforderlich ist. Mehrere Teilnehmer werden gleichzeitig beauf-tragt, Ideen und Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Alle haben Anspruch auf Entschädi-gung und werden gleich honoriert. Ein Studienauftrag kann auch mit einem Folgeauftrag verbunden werden. Für das Honorarangebot gilt dann sinngemäss gleiches wie obenste-hend unter Ziffer 2.2.3). Beispiele sind: Architekturwettaufgaben für ein konkretes Bauvorhaben oder für Bebau-ungsrichtpläne bei denen die Aufgabestellung im Laufe des Verfahrens präzisiert werden muss.

Konflikt mit dem öffentlichen Vergaberecht aufgrund der fehlenden Anonymität Zur Beschaffungsform des Studienauftrags gilt zu beachten, dass ein Studienauftrag, der im Rahmen der öffentlichen Beschaffung durchgeführt wird, in Konflikt mit dem Schwei-zerischen Vergaberecht geraten kann, da die Anonymität der Anbietenden während des Verfahrens nicht gewährleistet ist. Das liegt daran, dass das Vergaberecht Wert auf Transparenz, Gleichbehandlung und Wettbewerb legt und Anonymität ein wichtiges In-strument zur Sicherstellung dieser Prinzipien ist. Daher nimmt der VLS im Rahmen der öf-fentlichen Beschaffung von dieser Beschaffungsform eine zurückhaltende Haltung ein.

2.2.5. Planerwahlverfahren

Lösungs- und leistungsorien-tiertes Angebot zur Evaluation von für Planungs- bzw. Baube-ratungsleistungen Das Planerwahlverfahren ist ein lösungs- und leistungsorientiertes Evaluationsverfahren, das sich zur Beschaffung von Planungs- und Bauberatungsleistungen eignet. Neben der Anbieterqualifikation und dem Preis/Honorarangebot wird auch die projektspezifische Qualifikation der Anbietenden abgefragt. Letzteres kann aufgrund eines Lösungsvor-schlags (Auftragsanalyse und Konzeptvorschlag) erfolgen. Das Verfahren kann als halb-anonymes Verfahren (anonymes Einreichen und Beurteilen des Lösungsvorschlags) er-folgen. Der Auftrag wird an den Anbietenden vergeben, der sowohl fachlich geeignet ist als auch das vorteilhafteste Angebot vorgelegt hat. Beispiele sind: Planungs- oder Bauberatungsangebote zu konkreten Bauvorhaben mit ge-ringem Spielraum für Gestaltung bzw. Konzeption.

Klare Aufgabenstellung mit begrenztem Spielraum für Ge-staltung und Konzeption Das Planerwahlverfahren eignet sich für klare Aufgabenstellungen, bei denen der gestal-terische und konzeptionelle Spielraum für die Lösung begrenzt ist. Das Planerwahlverfah-ren unterscheidet sich vom Projektwettbewerb bzw. Studienauftrag insofern, als bei Letz-teren die Aufgabenstellung einen größeren Gestaltungsspielraum zulässt und die Lösung stärker im Vordergrund steht.

2.2.6. Leistungsofferte

Angebot bezüglich Fachkom-petenz und Wirtschaftlichkeit zur Evaluation von für Pla-nungs- bzw. Bauberatungsleis-tungen Die Leistungsofferte dient als nicht anonymes Evaluationsverfahren für Planungs- und Bauberatungsleistungen und zur Suche nach dem geeignetsten Anbietenden, sowohl hinsichtlich der fachlichen Kompetenz der Ressourcen (Anbieterqualifikation) als auch der wirtschaftlichen Aspekte (Preis/ Honorarangebot). Die Aufgabenstellung muss klar defi-niert sein und auf projektspezifische qualitative Aussagen wird im Rahmen des Angebots verzichtet. Für die Einreichung der Leistungsofferte wird in der Regel keine Entschädigung entrichtet. Die Vergabe erfolgt an das Angebot mit bester Bewertung bzgl. Anbieterqualifi-kation und Wirtschaftlichkeit des Angebots. Beispiele sind: Planungs- oder Bauberatungsangebote für ein konkrete Bauvorhaben bei denen keine projektspezifischen Angaben relevant sind.

2.2.7. «Zwei-Couvert-Methode»

Vorgehen bei der «Zwei-Couvert-Methode» Wird für das Planerwahlverfahren ein halb-anonymes Verfahren (anonymes einreichen und Beurteilen des Lösungsvorschlags) gewählt, kann wie nachfolgend aufgeführt verfah-ren werden.

Zwei-Covert-Methode: Der Lösungsvorschlag (Auftragsanalyse und Konzeptvorschlag) werden in einem separaten Couvert bzw. einer Mappe eingereicht. Weder die Dokumen-te/Pläne zu Auftragsanalyse und Konzeptvorschlag noch das zugehörige Couvert bzw. die Mappe dürfen mit dem Namen des Verfassers angeschrieben werden, sondern müssen mit einem Kennwort bezeichnet sein. Den Unterlagen ist ein separates, verschlossenes Covert mit dem Kennwort versehenen und mit Inhalt zum Namen der Verfasser beizule-gen (gleiches gilt sinngemäss auch für ein allfälliges Architekturmodell).

Eingabe: Die Eingabe der Zustandsanalysen und der Konzeptvorschläge erfolgt zur Wah-rung der Anonymität separat (getrennt von der Eingabe der übrigen Angebotsunterlagen, so dass keine Rückschlüsse auf die Anbietenden gezogen werden können).

Prüfung und Beurteilung: Die Vorprüfung durch die Vorprüfenden und die Beurteilung mit Bewertung des Lösungsvorschlag durch das Beurteilungs-/Bewertungsgremium erfolgt unter Wahrung der Anonymität.

Gewährleistung der Anonymität: Die Vergabestelle stellt sicher, dass die Anonymität für den Vorprüf- sowie den Beurteilungs- und Bewertungsprozess des Lösungsvorschlags gewahrt bleibt (physisch getrennte Aufbewahrung der anonymen und nicht anonymen Grundlagen) und somit die Vorprüfenden bzw. das Beurteilungs-/Bewertungsgremium vor Prozessende keine Kenntnis über die Verfasser erlangt.

Aufhebung der Anonymität: Die Aufhebung der Anonymität erfolgt erst nach der Beurtei-lung und Bewertung der Qualifikation der Anbietenden und der Honorarangebote. Im Ver-fahren ohne Präqualifikationsstufe (1-stufiges offenen Verfahren bzw. 1-stufiges Einla-dungsverfahren) sind die Namen der Verfasser der Lösungsvorschläge in Erfahrung zu bringen, damit diejenigen Anbietenden, die aufgrund ihrer Qualifikation als ungeeignet erklärt werden, aus dem Verfahren ausgeschieden werden können. Zur Wahrung der Anonymität wird eine vertrauenswürdige dritte Stelle (bspw. Notariat) beigezogen und die-ser die mit Kennwort versehen Coverts mit den Namen der Verfasser übergeben. So kön-nen die Namen der Verfasser (der Lösungsvorschläge) der ausgeschiedenen Anbieten-den in Erfahrung gebracht werden ohne Aufhebung der Anonymität der übrigen Anbie-tenden im weiteren Vergabeprozess.

Couvert-Öffnung: Die Öffnung der mit dem Kennwort versehenen Couverts (nach der Be-urteilung und Bewertung) beinhaltend die Namen der Anbietenden wird protokolliert. Das Protokoll wird mit Datum und Unterschrift(en) versehen.

ggf. Präsentation durch Anbietende: Die Präsentation durch die Anbietenden erfolgt erst nach der anonymen Beurteilung und Bewertung der Auftragsanalysen und Konzeptvor-schläge.

2.3. Zu bestimmende Spezifikationen und Evaluationskriterien zu den Verfahrensarten und Beschaffungsformen

2.3.1. Verfahrensarten und zu bestimmende Spezifikation zur Beschaffung von Planungsleistungen

Im Rahmen von Beschaffungsverfahren für Planungsleistungen sind zu den jeweiligen Themen folgende Spezifikationen zu bestimmen (vgl. nachfolgende Tabellenübersicht):

Themen

für die Beschaffung zu definierende Spezifikationen

Verfahrensart

freihändiges Verfahren

Einladungsverfahren
ein- oder zweistufig

offenes oder selektives Verfahren
ein- oder zweistufig

Leistungsart

Planungsleistungen

Mandat als

Einzelplanende
(Einzelanbietende)

Planergemeinschaft
(Anbietergemeinschaft)

Fachgebiete

Architektur

Architektur

Bauingenieurwesen

Bauingenieurwesen

Elektroingenieurwesen

Elektroingenieurwesen

HLKK Ingenieurwesen

HLKK Ingenieurwesen

Sanitäringenieurwesen

Sanitäringenieurwesen

weitere Fachplaner

weitere Fachplaner

SIA Phasen

3 Projektierung

4 Ausschreibung

5 Realisierung

Beschaffungsform

Planungswettbewerb als Projekt- oder Ideenwettbewerb, ein- oder zweistufig

Planungsstudie als Projekt- oder Ideenstudie, ein- oder zweistufig

Planerwahlverfahren, ein- oder zweistufig

Leistungsofferte

Evaluationskriterien

- anbieterbezogene Aussagen

Anbieterqualifikation (Firma/Schlüsselpersonen)

Sozial-, Sicherheits- und Umweltkriterien

- Honorierungsart

Zeittarif nach Qualifikationskategorien (Modalität 1) ggf. mit (Teil-) Pauschale/ Globale/Kostendach

Zeittarif für Planungsgruppen (Modalität 2) ggf. mit (Teil-) Pauschale/ Globale/Kostendach

nach aufwandbestimmenden Baukosten (Kostentarif) ggf. mit (Teil-) Pauschale/Globale/Kostendach

- projektspezifische Aussagen

projektspezifische Qualifikation mittels Wettbewerbsprojekt (anonym)

projektspezifische Qualifikation mittels Projektstudie (nicht anonym)

projektspezifische Qualifikation mittels Auftragsanalyse und Konzeptvorschlag (ggf. halb-anonym)

2.3.2. Beschaffungsformen und anzuwendende Evaluationskriterien zur Beschaffung von Planungsleistungen

Für die zur Beschaffung von Planungsleistungen gängigen Beschaffungsformen – Wett-bewerbe, Studienaufträge, Planerwahlverfahren und Leistungsofferten – kommen die drei Evaluationskriterien – Anbieterqualifikation, Preis (Honorar) und projektspezifische Qualifikation – unterschiedlich zur Anwendung (vgl. nachfolgende Tabellenübersicht).

Beschaffungsform

Beschaffungsformen für Planungs- und Bauberatungsleistungen und ihre Besonderheiten

Anbieterqualifikation

Preis (Honorar)

projektspezifische Qualifikation

Projekt-/Ideenwettbewerb
einstufig, anonym

nein
Qualifikation Firma/Kernteam

ja
Honorarangebot

ja
Wettbewerbsprojekt**

Projekt-/Ideenwettbewerb
zweistufig (selektiv)

1.Stufe
nicht anonym

ja
Qualifikation Firma/Kernteam

nein

nein

2.Stufe
anonym

nein

ja
Honorarangebot

ja
Wettbewerbsprojekt**

Studienauftrag
einstufig, nicht anonym

ja
Qualifikation Firma/Kernteam

ja
Honorarangebot

ja
Projektstudie**

Studienauftrag
zweistufig (selektiv)
nicht anonym

  1. Stufe
    nicht anonym

ja
Qualifikation Firma/Kernteam

nein

nein

  1. Stufe
    nicht anonym

nein

ja
Honorarangebot

ja
Projektstudie**

Planerwahlverfahren
einstufig, ggf. halb-anonym

ja
Qualifikation Firma/Kernteam

ja
Honorarangebot

ja
Lösungsvorschlag**

Planerwahlverfahren
zweistufig

1.Stufe
nicht anonym

ja
Qualifikation Firma/Kernteam

nein

nein

2.Stufe
ggf. anonym / halb-anonym

nein

ja
Honorarangebot

ja
Lösungsvorschlag**

Leistungsofferte
nicht anonym

ja
Qualifikation Firma/Kernteam

ja
Honorarangebot

nein

* falls anonym, Verfahren mit «Zwei-Couvert-Methode»

** ggf. mit Auftragsanalyse und Konzeptvorschlag (vgl. VLS-Vorlage BE-V126.EK.na und BE-V126.EK.a)

2.3.3. Verfahrensarten und zu definierende Spezifikation zur Beschaffung von Bauberatungsleistungen

Im Rahmen von Beschaffungsverfahren für Bauberatungsleistungen sind zu den jeweili-gen Themen folgende Spezifikationen zu bestimmen (vgl. nachfolgende Tabellenüber-sicht): Themen für die Beschaffung zu definierende Spezifikationen

Themen

für die Beschaffung zu definierende Spezifikationen

Verfahrensart

freihändiges Verfahren

Einladungsverfahren
ein- oder zweistufig

offenes oder selektives Verfahren
ein- oder zweistufig

Leistungsart

Bauberatungsleistungen

Mandat als

Einzelplanende
(Einzelanbietende)

Beratungsteam
(Anbietergemeinschaft)

Fachgebiete

Bauherrenvertretung

Gesamtberatung

Bauherrenunterstützung

Raumplanung

Bauherrenberatung

Architektur/Koordination

Projektcontrolling

Bauökonomie

weitere Berater

Bauingenieurwesen

Elektroingenieurwesen

HLKK Ingenieurwesen

Sanitäringenieurwesen

weitere Fachspezialisten

SIA Phasen

1 Initialisierung

2 Strategische Planung

3 Vorstudien

3 Projektierung

4 Ausschreibung

5 Realisierung

6 Bewirtschaftung

Beschaffungsform

Planerwahlverfahren, ein- oder zweistufig

Leistungsofferte

Evaluationskriterien

- anbieterbezogene Aussagen

Anbieterqualifikation (Firma/Schlüsselpersonen)

Sozial-, Sicherheits- und Umweltkriterien

- Honorierungsart

Zeittarif nach Qualifikationskategorien (Modalität 1) ggf. mit (Teil-) Pauschale/ Globale/Kostendach

Zeittarif für Planungsgruppen (Modalität 2) ggf. mit (Teil-) Pauschale/ Globale/Kostendach

2.3.4. Beschaffungsformen und anzuwendende Evaluationskriterien zur Be-schaffung von Bauberatungsleistungen

Für die zur Beschaffung von Bauberatungsleistungen gängigen Beschaffungsformen –Planerwahlverfahren und Leistungsofferten – kommen die drei Evaluationskriterien – An-bieterqualifikation, Preis (Honorar) und projektspezifische Qualifikation – unterschiedlich zur Anwendung (vgl. nachfolgende Tabellenübersicht).

Beschaffungsform

Beschaffungsformen für Planungs- und Bauberatungsleistungen und ihre Besonderheiten

Anbieterqualifikation

Preis (Honorar)

projektspezifische Qualifikation

Planerwahlverfahren
einstufig, ggf. halb-anonym

ja
Qualifikation Firma/Kernteam

ja
Honorarangebot

ja
Lösungsvorschlag**

Planerwahlverfahren
zweistufig

1.Stufe
nicht anonym

ja
Qualifikation Firma/Kernteam

nein

nein

2.Stufe
ggf. anonym / halb-anonym

nein

ja
Honorarangebot

ja
Lösungsvorschlag**

Leistungsofferte
nicht anonym

ja
Qualifikation Firma/Kernteam

ja
Honorarangebot

nein

* falls anonym, Verfahren mit «Zwei-Couvert-Methode»

** ggf. mit Auftragsanalyse und Konzeptvorschlag (vgl. VLS-Vorlage BE-V126.EK.na und BE-V126.EK.a)

3. Vergabekriterien und nachhaltige Beschaffung

3.1. Zulassungsbestimmungen für Anbietende

Formale Vorgaben und Zulas-sungsbestimmungen für An-bietende und der Angebote Für die Zulassung der Anbietenden bzw. des Angebots ist die Einhaltung der formalen Vorgaben und der Zulassungsbestimmungen erforderlich, wie bspw.:

  • Einhaltung der vorgegebenen Fristen,

  • Vollständigkeit und Formrichtigkeit der Eingabeunterlagen

  • ggf. Anerkennung von Geheimhaltungsverpflichtungen und Werberichtlinien

  • Einreichung der vollständig ausgefüllten und rechtgültig unterzeichneten Selbst-deklaration (vgl. Ziffer 5.4) sowie Einhaltung der «Musskriterien»

  • Einhaltung und Bestimmung der Vorgaben gemäss den Ausschreibungsunterla-gen

  • keine Erteilung falscher Auskünfte an die Beschaffungsstelle oder

  • falsche Angaben im Rahmen des Beschaffungsverfahrens sowie

  • keine weiteren Verstösse oder Umstände wie in Art.44 BöB / IVöB genannt.

Signifikante Verstösse führen zum Ausschluss der Anbietenden vom Verfahren. Bagatel-len sollen jedoch nicht zu einem Ausschluss führen.

3.2. Arten der Vergabekriterien

Vergabekriterien bestehend aus Eignungs- und Zu-schlagskriterien Die für eine Beschaffung bzw. für den Vergabeentscheid erforderlichen Vergabekriterien setzen sich aus den Eignungskriterien und den Zuschlagskriterien zusammen. Sie sind aufgrund der Erfordernisse und Vorgaben der zu beschaffenden Leistungen zu definie-ren. Dabei berücksichtigen die Eignungskriterien die anbieterbezogene und die Zu-schlagskriterien die angebotsbezogene Qualifikation. In einem ersten Schritt erfolgt die Eignungsprüfung der Anbietenden aufgrund der Eignungskriterien. Im Anschluss daran wird die Beurteilung und Bewertung der Angebote, der als geeignet erachteten Anbieten-den, aufgrund der Zuschlagskriterien durchgeführt.

Vergabekriterien bestehend aus Eignungs- und Zuschlagskriterien

Vergabekriterien bestehend aus Eignungs- und Zuschlagskriterien

3.3. Eignungskriterien

3.3.1. Anbieterbezogen Eignungskriterien

Eignungskriterien zur Prüfung der anbieterbezogenen Qualifi-kation Aufgrund der Eignungskriterien wird beurteilt, ob die Anbietenden über die erforderliche Qualifikation (Kompetenzen und Ressourcen) verfügenfootnot:[Für die Beschaffungsform des einstufigen (anonymen) Projekt-/Ideenwettbewerbs, werden die nachfolgenden Eignungskriterien in der Regel nicht angewendet. Da das Verfahren anonym durchgeführt wird, müssten diese Kriterien getrennt von der Beurteilung der Projektvorschläge und vorzugsweise im Anschluss daran durch eine neutrale, aussenstehende Person (vorzugs-weise Notar/Treuhänder) erfolgen (vgl. auch Zwei-Couvert-Methode, Ziffer 2.2.7). Allfällige Aus-schlüsse von Anbietenden würde demzufolge nach der anonymen Beurteilung der Projektvor-schläge erfolgen.]. Es dürfen nur objektive und be-urteilbare Kriterien zur Prüfung der Eignung verwendet werden. Anbietende die als nicht geeignet beurteilt werden, werden vom Verfahren ausgeschlossen. Als Eignungskriterien gelten: - Die anbieterbezogene Eignung der anbietenden Firma (Qualifikation aufgrund der Angaben und der Referenzobjekte) wie ausreichende Fachkompetenz, Per-sonalressourcen, geeignete Unternehmensorganisation (Organigramm), Infra-struktur und erforderlicher Versicherungsschutz; - die anbieterbezogene Eignung des Projektteams bzw. der Schlüsselpersonen (Qualifikation aufgrund der Angaben und der Referenzobjekte) wie ausreichende Fachkompetenz und Zeitressourcen im Projekt; - die Anforderungen der nicht «Musskriterien» gemäss der einzureichenden Selbstdeklaration (vgl. Ziffer 5.4) ausreichend erfüllen; - aufgrund spezieller Anforderungen auch Aussagen zu Strafregister und Betrei-bungsauszug.

3.3.2. Anwendung von Zuschlagskriterien als Eignungskriterien

Zuschlagskriterien die für die Eignung erforderlich sind In Ausnahmefällen bzw. bei speziellen Ansprüchen an den Beschaffungsgegenstand und/oder den damit verbundenen Anforderungen an die Anbietenden können auch die unter Ziffer 3.6 (Katalog von Zuschlagskriterien zur Nachhaltigkeit) genannten Zuschlags-kriterien als Eignungskriterien angewendet werden, wie bspw. «Betriebliches Risiko- und Sicherheitsmanagement / Informationssicherheitsmanagement der Anbietenden».

3.3.3. Qualifikation aufgrund der Eignungskriterien

Erfüllung der Eignungskriterien als Qualifikation Die Eignungskriterien definieren die anbieterseitigen Anforderungen, die nötig sind, um die geforderten Leistungen zu erbringen. Die Erfüllung dieser Kriterien gilt somit grund-sätzlich als Voraussetzung für die Qualifikation der Anbietenden.

Gründe und Verhältnismässig-keit für den Ausschluss von Anbietenden Anbietende können in offenen oder selektiven Vergabeverfahren ausgeschlossen wer-den, wenn ihre Angebote nicht den Anforderungen entsprechen, sie nicht geeignet sind, sie gegen das Vergaberecht verstossen oder die Vorgaben und Bestimmung zum Verfah-ren nicht einhalten. Der Ausschluss muss jedoch verhältnismäßig sein und darf nicht auf Bagatellgründen beruhen.

Ausschluss aufgrund schlech-ter Erfahrung Ebenfalls können Anbieter in einem offenen oder selektiven Vergabeverfahren aufgrund nachweislich schlechter Erfahrung aus früheren Aufträgen ausgeschlossen werden, je-doch nur unter bestimmten Voraussetzungen (bspw. bei vorzeitiger Beendigung des Ver-trags oder Schadenersatzforderungen aufgrund erheblicher Mängel). Es reicht nicht aus, wenn der Auftraggeber lediglich unzufrieden mit der Leistung eines Anbieters ist. Der Ausschluss muss also verhältnismäßig sein und auf einer fundierten Grundlage basieren.

Einladungsverfahren und frei-händiges Verfahren Im Einladungsverfahren und im freihändigen Verfahren sollen grundsätzlich nur Anbie-tende berücksichtigt werden, bei welchen angenommen werden kann, dass sie über die geforderte Eignung verfügen.

3.4. Zuschlagskriterien

3.4.1. Angebotsbezogene Zuschlagskriterien

Zuschlagskriterien zur Beurtei-lung des vorteilhaftesten An-gebots Die Zuschlagskriterien dienen der Beschaffungsstelle, das vorteilhafteste und am besten geeignete Angebot (vgl. auch Ziffer 1.2) zu evaluieren. Die Wahl der Kriterien ist daher von grosser Bedeutung. Sie sollen den spezifischen Ansprüchen und Erfordernissen ge-nügen, die in Bezug auf den Beschaffungsgegenstand bzw. die zu beschaffenden Leis-tungen bestehen. Im Weiteren müssen sie sachlich begründet, nichtdiskriminierend sowie beurteilbar und bewertbar sein.

Anbieterbezogene Eignungskri-terien als Muss-Kriterien ver-sus angebotsbezogene Zu-schlagskriterien als Kann-Kriterien Es ist vor allem bei Kriterien, die sich auf betriebliche und organisatorische Themen be-ziehen sowie auch auf die Ressourcen und Kompetenzen der Anbietenden, nicht immer einfach und eindeutig, diese den Eignungs- bzw. Zuschlagskriterien zuzuordnen. Daher ist es wichtig, dass bei den Eignungskriterien, die als Muss-Kriterien (sog. «Killerkriterien») gelten, die zur Erfüllung des Auftrags erforderlichen Ressourcen und Kompetenzen der Anbietenden abgefragt und geprüft werden. Hingegen sollen bei den Zuschlagskriterien, die als Kann-Kriterien gelten, die Ressourcen und Kompetenzen angebotsbezogen – also auf den spezifischen Beschaffungsgegenstand zugeschnitten – definiert und beurteilt werden.

Aussagen zum konkreten Be-schaffungsgegenstand Des Weiteren gehören im Rahmen der Zuschlagskriterien neben dem Preis (Honoraran-gebot) insbesondere die qualitativen und quantitativen Aussagen zum konkreten Beschaf-fungsgegenstand bzw. zum konkreten Projekt. Dazu eignen sich besonders für intellektu-elle Dienstleistungen Projektwettbewerbe oder Projektstudien für Planungsmandate so-wie Lösungsvorschläge (Auftragsanalysen und Vorgehens-/Konzeptstudien) für Baubera-tungsmandate.

3.4.2. Wahl der Zuschlagskriterien

Auf den konkreten Beschaf-fungsgegenstand zugeschnit-ten Zuschlagskriterien Die Wahl der Zuschlagskriterien soll individuell aufgrund einer konkreten Beschaffung er-folgen und richtet sich insbesondere nach: - Art, Bedürfnisse und Verbindlichkeiten des Beschaffungsgegenstands, Projekts, Planungs-, Bauvorhabens, Anlagen, Güter etc., - der Art des Auftrags wie Dienstleistungen (Bauberatung oder Planung), Bauleis-tungen und Lieferungen (Waren), - dem Leistungsumfang bzw. den Phasen, für die Leistungen zu erbringen sind (Initialisierung, strategische Planung, Vorstudien, Projektierung, Ausschreibung, Realisierung, Bewirtschaftung) sowie - der Strategie, den Vorgaben und der Reglementierung zur Beschaffung seitens der Auftraggeberin sowie dem Beschaffungsrecht.

3.4.3. Bekanntgabe der Gewichtung der Zuschlagskriterien

Gründe für die Bekanntgabe der Gewichtung der Zu-schlagskriterien Im Rahmen einer Beschaffung soll bei derer Vorbereitung die Gewichtung (bspw. in Pro-zenten oder Punkten) der einzelnen Zuschlagskriterien definiert und in den Ausschrei-bungsunterlagen angegeben werden. Einerseits schafft dies Transparenz und Fairness gegenüber den Anbietenden, andererseits bringt die Bekanntgabe der Zuschlagskriterien und derer Gewichtung den Vorteil, dass die Anbietenden ihr Angebot besser auf Bedürf-nisse und Vorstellungen der Auftraggeberin ausrichten und die Angebote somit zielgerich-teter erstellt werden können. Bei einer späteren Definition der Gewichtung der Zuschlags-kriterien, – also erst während des Vergabeprozesses – erhöht sich die Gefahr, dass unge-eigneter Angebote eingehen und schliesslich falsche Entscheidungen gefällt werden.

4. Durchführung der Beschaffung

4.1. Prozessablauf

Prozessablauf zur Beschaffung von Planungs- und Bauberatungsleistungen Nachstehend ist der Prozessablauf einer Beschaffung mit den einzelnen Prozessschritten und den dazugehörenden Prozessbeschreibungen sowie den Hinweisen auf einschlägi-ge VLS Grundlagen und den Prozessdokumenten abgebildet.

Auswahlverfahren / Beschaffung von Planungs- und Bauberatungsleistungen

5. Ergänzende Angaben zur Beschaffung

5.1. Das Zuschlagskriterium Preis-/Honorarangebot

5.1.1. Bedeutung des Preis-/Honorarangebots gegenüber den Projektkosten

Beeinflussbarkeit und Verlauf der Projektierungskosten Die Beeinflussbarkeit und der Verlauf der Projektkosten sind eng miteinander verwoben und hängen von verschiedenen Faktoren ab. Die Kosten sind zu Beginn des Projekts am stärksten beeinflussbar und nehmen dann mit fortschreitendem Projektverlauf ab. Gleich-zeitig steigt mit der Zeit die Genauigkeit der Kostenschätzung.

Bedeutung der qualitativen Kri-terien von Anbietenden und Angeboten für das Gelingen des Projekts Bei der Beschaffung von Planungs- und Bauberatungsleistungen ist es also von entschei-dender Bedeutung, das vorteilhafteste Angebot zu evaluieren, und dies nicht zuletzt auch hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit eines Projektes. Die Honorarkosten machen in der Regel einen kleinen Teil der gesamten Projektkosten aus. Viel entscheidender als die Honorar-kosten sind für das Gelingen eines Projekts – eben auch in Bezug auf die Wirtschaftlich-keit – die Qualifikation der Anbietenden und die projektbezogene Qualität des Angebots. Auch eine Einschränkung der zu erbringenden Planungs- und Bauberatungsleistungen – so dass bspw. wegen des Kostendrucks auf erforderliche Variantenstudien verzichtet wird – kann wirtschaftlich kontraproduktiv sein und verhindern, dass geeignetere und kosten-günstigere Lösungen gefunden werden.

Richtige Gewichtung des Kri-teriums Preis-/Honorarkosten gegenüber den qualitativen Kriterien Daher ist die Auftraggeberin gut beraten, diesem Umstand Rechnung zu tragen und dem Kriterium Pries-/Honorarangebot gegenüber den qualitativen Kriterien angemessen, ge-ringer zu bewerten und die zum Gelingen des Projekts erforderlichen Leistungen nicht zu Beschneiden.

Beeinflussbarkeit und verlauf der Projektierungskosten

Beeinflussbarkeit und verlauf der Projektierungskosten

5.1.2. Bewertung des Preis-/Honorarangebots

Gemäss Rechtsprechung in der öffentlichen Beschaffung erfolgt die Bewertung des Preis-/ Honorarangebots lineare mit der vorgängigen Festlegung einer Bandbreite bzw. Preis-spanne8, wobei das günstigste zulässige Angebot die beste Bewertung erhält. Angebote ab dem Maximum der Bandbreite erhalten 0 Punkte (in der Regel keine Negativpunkte). Die Bandbreite beträgt üblicherweise, bei Dienstleistungen bis zu 75%, in Ausnahmefäl-len bis 100% (bei Bauleistungen sind es 30% bis 50%).

Beispiel für Preisbewertung mit Preisspanne 80% und max. Punktzahl 60:

Preis-/Honorarangebot, CHF 200‘000.-- 60 Punkte (tiefstes Angebot)

Preis-/Honorarangebot, CHF 280‘000.-- 30 Punkte

Preis-/Honorarangebot, CHF 3600‘000.-- 0 Punkte

Preis-/Honorarangebot, CHF 420‘000.-- 0 Punkte

Punktebewertung bei Preisspanne von 80%

Punktebewertung bei Preisspanne von 80%

5.1.3. Bewertung von Honorarangeboten nach dem Zeitaufwand

Stundenansätze und Zeitauf-wandschätzung aufgrund Be-schreibung der Bauberatungs-leistungen In einem Vergabeverfahren für Bauberatungsleistungen kann neben den Stundenansät-zen (nach Qualifikationskategorien bzw. mit ansatzbestimmenden Faktoren) auch der ge-schätzte Zeitaufwand abgefragt werden. Dies bedingt jedoch ein Pflichtenheft mit klar de-finierter Beschreibung der anzubietenden Bauberatungsleistungen (vgl. VLS Standard PPM-S121 «Leistungen und Zuständigkeiten der Bauherrschaft und der Bauberatung»).

Kosten aufgrund Stundenan-sätze und Zeitaufwandschät-zung soll nicht als Zuschlags-kriterium gelten Es empfiehlt sich allerdings nicht, die aus den angebotenen Stundenansätzen und dem geschätzten Zeitaufwand resultierenden Kosten im Rahmen der Angebotsbeurteilung zu berücksichtigen bzw. als Zuschlagskriterium bzgl. Wirtschaftlichkeit zu verwenden. Dies gilt besonders für die frühen Phasen (Initialisierung / strategische Planung / Vorstudien / Projektierung) da zu diesem Zeitpunkt die vorhandenen Vorstellungen und Kenntnisse zum avisierten Bauvorhaben in der Regel noch nicht ausreichend sind, um eine seriöse Zeitaufwandschätzung vorzunehmen. Erfahrungsgemäss kann der effektive Zeitaufwand im Laufe der Projektentwicklung vielfach massiv von der Erstschätzung abweichen. Zu-dem kann eine Preisbewertung (als Zuschlagskriterium) die Anbietenden dazu verleiten, den geschätzten Zeitaufwand möglichst gering anzugeben, um ihre Zuschlagschancen zu erhöhen, was bei Auftragserteilung und späterer grösserer Kostenabweichungen zu un-angenehmen Situationen und Unfairness gegenüber Anbietenden mit schlussendlich zu-treffenderer Zeitschätzung führen und kann.

Die anbieterseitigen Zeitauf-wandschätzungen sollen nur als Richtgrösse gelten Die anbieterseitigen Zeitschätzungen können der Vergabestelle jedoch helfen zu beurtei-len, ob die Anbietenden die gestellte Aufgabe richtig erfasst bzw. ihren Aufwand bedarfs-gerecht eingeschätzt haben, damit eine fach- und qualitätsgerecht Aufgabenerfüllung gewährleistet werden kann. Die im Rahmen des Ausschreibeverfahrens bekannt gewor-denen Honorarkosten (basierend auf den angebotenen Stundenansätzen und den ge-schätzten Zeitaufwänden) können der Vergabestelle allenfalls als Orientierungshilfe und Richtgrösse für die zu erwartenden Bauberatungskosten dienen.

Schätzung des Zeitaufwands für die Bauberatungsleistun-gen durch die Auftraggeberin Der VLS empfiehlt der Auftraggeberin bzw. Vergabestelle die Schätzung für den Zeitauf-wand der zu beschaffenden Bauberatungsleistungen zu Beginn des Beschaffungsverfah-rens selber oder durch eine von ihr beauftragte Fachstelle vornehmen zu lassen. Dieses hat die folgenden Vorteile:

  • Die Grössenordnung des mutmasslichen Auftragswerts ist rechtzeitig bekannt, so dass aufgrund des Schwellenwerts das submissionsrechtlich geforderte Be-schaffungsverfahren bestimmt werden kann.

  • Die finanziellen Mittel für die Beauftragung könne frühzeitig beschafft bzw. si-chergestellt werden.

  • Die Anbietenden haben einheitliche Grundlagenwerte für ihre Angebote und könne ihre Ansätze so besser kalkulieren.

  • Der Aufwand für eine erste Schätzung der Honorare muss nur einmal betrieben werden, so dass der i.d.R. unentgeltliche Aufwand durch die Anbietenden im Rahmen der Angebotserstellung minimiert wird.

Basis für die Zeitaufwand-schätzung der Planungsleis-tungen Die obenstehenden Ausführungen gelten weitgehend auch für Planungsleistungen. Aller-dings besteht alternativ zur Honorierungsart nach dem Zeitaufwand für die Planungsleis-tungen auch diejenige nach den aufwandbestimmenden Baukosten und die somit eine projektbezogene Berechnungsbasis für den geschätzten Zeitaufwand bietet.


  1. Koordinationskonferenz der Bau- und Liegenschaftsorgane der öffentlichen Bauherren
  2. siehe TRIAS Staatsverträge
  3. Art. 41 BöB/IVöB
  4. KBOB und Kap. 1.3.1 des Leitfadens Durchführung von Wettbewerbs- und Studienauftragsverfahren

  5. Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz
  6. Unter Ziffer 4.2 sind die Aufgaben und zu erbringenden Leistungen für den Beschaffungsprozess detailliert aufgeführt.
  7. Vgl. Ziffer 3.1 des VLS Standards PPM-S121 Leistungen und Zuständigkeiten der Bauherrschaft und der Bauberatung
  8. Die Preisspanne hat einen erheblichen Einfluss darauf, wie stark der Preis im Verhältnis zu anderen Zuschlagskriterien gewichtet wird